Yogaphilosophie 101: Die Yoga Sutras & der achtgliedrige Pfad

Work-In statt Workout: Yoga Sutras als Wegweiser zu innerer Freiheit

Das Yoga mehr ist als Kopfstand uns Spagat ist vermutlich jedem klar, der mal Yogaklasse besucht hat. Aber worum geht es konkret und woher kommen die Übungen und Ideen? Um das zu beantworten, können wir die Yoga-Philosophie zu Hilfe nehmen. Konkret: Die Yoga Sutras und den darin beschriebenen achtgliedrige Pfad des Yoga. Einer Art “Anleitung” um das  Ziel des Yoga zu erreichen: Die Verschmelzung mit dem Göttlichen. Hui. Man soll ja hohe Ziele stecken. 

Der indische Weise Patanjali (2. v Chr. -4.Jh n. Chr.) verfasste diese Anleitung in “Sutras”. Das sind kurze Merksätzen, die ursprünglich mündlich überliefert und erläutert wurden. Und auch wenn das Ziel hochtrabend klingt: Die Yoga sutras sind eine Abhandlung über den menschlichen Geist. Und auch aus heutiger Sicht noch erstaunlich zutreffend. Eine Anleitung um uns selbst besser zu verstehen, Leiden zu überwinden und uns selbst zu verwirklichen. Den Geist zur Ruhe zu bringen. 

Und das klingt dann schon gar nicht mehr so abgedreht sondern sehr erstrebenswert, oder? 

Also auf, lass uns genauer ansehen, wie der achtgliedrige Pfad in den Yoga Sutras beschrieben ist! 

atha yogānuśāsanam – Jetzt wird Yoga dargelegt. 

– Patanjali, Yoga Sutra 1.1

 

 

 

 

 

 

 

 

1-Yama

Wir sind nicht alleine auf der Welt. Auf dem yogischen Weg ist der erste Schritt, einen angemessenen Umgang mit unseren Mitlebewesen zu pflegen. Was manchmal leichter gesagt als getan ist. #roadrage. Eine Aufgabe, die meiner Meinung nach nie “erledigt” ist. Etwas, woran wir uns immer wieder reiben können. Praktischerweise muss man diese Disziplin nicht beherrscht haben, bevor man zu den anderen Aspekten des 8-gliedrigen Pfades übergeht. 

Patanjali gibt in den Yoga Sutras 5 Richtlinien für den Umgang mit der Welt und den Lebewesen um uns vor: 

  • Ahimsa – Gewaltlosigkeit 
  • Satya – Wahrhaftigkeit 
  • Asteya – Nicht stehlen 
  • Brahmacharya – Reinheit
  • Aparigraha- Nicht anhaften 

So weit, so gut. Verstanden? Klingt alles nicht neu, sondern ein wenig nach 10 Geboten, oder? Aber ganz ehrlich: So einfach und sinnvoll in der Theorie, so schwierig in der Praxis. 

Details zu den Yamas findest du in einem weiteren Post in den kommenden Wochen. 

2-Niyama

Nach dem Umgang mit Mitlebenwesen geht es in den Yoga Sutras um die Haltung uns selbst gegenüber. Hier helfen die Niyamas mit einigen Leitlinien.

  • Sauca – Reinheit des Körpers, Klarheit des Geistes
  • Santosha – Zufriedenheit 
  • Tapas – Willenskraft und Disziplin
  • Svadhyaya – Selbstreflexion
  • Ishvara Pranishana – Hingabe (an Gott) 

Die Niyamas bieten uns  stetige Übungsfeld und Entwicklungsraum. Denn so einfach sie erstmal zu verstehen sind, die konsequente Umsetzung ist wohl für die meisten YogInis und Nicht-YogInis eine Herausforderung. 

Details zu den Niyamas findest du hier, jetzt erstmal weiter auf unserem Pfad! 

3-Asana

Körperübungen. Das was heutzutage am Ehesten mit Yoga in Verbindung gebracht wird. Interessanterweise kennen die Yoga Sutras unsere Vinyasa-Verrenkungen nicht. 

Es geht darum, den Körper zu reinigen und auf die Meditation vorzubereiten. Denn in einem starken, gesunden, flexiblen Körper lässt es sich am besten stundenlang ausharren. In den älteren Texten werden nur wenige konkrete, einfache Haltungen beschrieben. Die meisten der modernen Übungen stammen aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts. 

Sorry, falls ich da Illusionen zerstöre 😛 

Was aber traditionell ist und auch auf diese modernen Haltungen angewendet wird: Die Verbindung von Körper, Atem und Geist und das Prinzip von “sthira & sukha”, die Balance von Leichtigkeit und Stabilität, die in jeder Position erhalten bleiben sollte. 

Der Grund, warum Yogalehrer eine Pause ansagen, wenn die Schüler nicht mehr kraftvoll und konzentriert bleiben oder vergessen zu atmen.

4-Pranayama

Prana ist die universelle Lebenskraft, die es auszudehnen gilt. Unser Atem ist ein Ausdruck von Prana. Die Yogalehre geht davon aus, dass sich Geist und Atem gegenseitig beeinflussen. Was wohl jeder bestätigen hat, der schon mal vor Schreck den Atem angehalten hat oder sich mit tiefem Durchatmen beruhigt.

Pranayama sind Atemübungen, mit denen bewusst Einfluss auf Atem und Geist genommen wird. Um damit möglichst viel Lebensenergie aufzunehmen. Und um den Geist zu befreien. Um es mit den Worten Patanjalis bzw der Yoga Sutras zu sagen: 

„Die stetige Praxis von Pranayama verringert Blockaden im Geist, die uns an einer klaren Wahrnehmung hindern.“ 

– Patanjali, Yoga Sutra 2.52

 

 

 

 

 

 

 

 

5-Pratyahara

Herrschaft über die Sinne. Die Möglichkeit selbst zu entscheiden, ob man auf äußere Reize reagiert. Die Aufmerksamkeit nach Innen lenken zu können, auch wenn im Außen ganz viel los ist. 

Beispiel: Hungrig einkaufen zu gehen und sich gut zu entscheiden. Nicht der Versuchung des Geruchs von frisch gebackenen Brot und den Bergen an Schokolade erliegen.

6-Dharana

Konzentration oder Ausrichtung auf einen Punkt oder eine Richtung. Den Geist fokussieren und sich nicht ablenken lassen von Reizen oder anderen Gedanken. 

Dharana ist zum Beispiel eine klassische Atemmeditation, bei der du deine Aufmerksamkeit auf den Atem legst und nichts tust, außer ihn zu verfolgen. Auch im Alltag kannst du deine Konzentration üben, zum Beispiel indem du bewusst isst. Nur isst, ohne Nebenbeschäftigung. 

Vertiefende Erklärung und Übung findest du zB bei Ekhart Yoga.

7-Dhyana

Echte Meditation. Absorption im Gegenstand der Meditation, bei der der Geist völlig zu Ruhe kommt. Es gibt keine andere Gedanken und Ablenkungen mehr, sondern komplette Versenkung. Details findest du hier

8-Samadhi

Das Endgame: Der Zustand absoluter Glückseligkeit. Reines Bewusstsein. Einheitserfahrung, in der sich das Ego auflöst. Geist und Gegenstand der Meditation verschmelzen und individuelle Identität verschwindet. Details hier.

„Wenn unser Geist mit dem in uns, was erkennt, vollständig identisch ist, herrscht Freiheit.“

– Patanjali, Yoga Sutra 3.55

Mit den Yoga Sutras auf dem Weg zum klaren Geist und innerer Freiheit

Mit dem achtgliedrigen Pfad der Yoga Sutras hat uns Patanjali eine Anleitung hinterlassen, die zeitgemäßer nicht sein könnte. Auf die Reihenfolge der Ausübung kommt es dabei nicht an. Häufig finden wir zum Yoga, weil es den Körper so schön kräftigt und entspannt. Bleiben dann dabei, weil es uns uns selbst näher bringt. Weil wir uns durch die Praxis mehr und mehr der anderen Glieder öffnen und so Neues entdecken. 

Entdecken, wie der Atem den Geist beruhigen kann. Wie unser “monkey mind” durch Konzentration auf einen Punkt gezähmt wird. Wie gut und frei wir uns fühlen, wenn wir uns darin üben, den Yamas und Niyamas zu folgen. 

Auf dem Yoga Weg klappt nicht immer alles perfekt, schaffen wir nicht immer, konsequent zu sein. Und so können wir aus den Yoga Sutras und den acht Gliedern immer wieder Inspiration ziehen. Uns immer wieder auf den Zweck des Yoga, der Beruhigung des Geistes besinnen. Uns jeden Tag neu entscheiden, kleine Schritte zu gehen. 

Du hast Lust, mehr zu erfahren und tiefer in Yoga und seine Philosophie einzutauchen? 

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